Mittwoch, 7. September 2016

Bergman Frühwerk : Musik i mörker (Musik im Dunkeln) SE 1948


Bengt Vyldeke (Birger Malmsten) ist Rekrut bei der schwedischen Armee. Während einer Schießübung wird er verletzt, als er einen Hund retten will, der zwischen die Zielscheiben geraten ist. Im Krankenhaus merkt er, dass er vollständig erblindet ist. Seine Schwester Agneta (Bibi Skoglund) wacht bei ihm. Agneta erhält im Haus der Schröders einen Anruf von ihrem Freund Einar (Bengt Logardt), kurz darauf möchte Blanche (Marianne Gyllenhammar), Bengts Verlobte, sie sprechen. Blanche erzählt ihr unter Gewissensbissen, dass sie den Ring verpfändet hat und dass sie Bengt zur Zeit nicht sehen könne. Agneta läßt sie reden und legt mitten im Gespräch auf. Bengt wird im Zusammensein mit Agneta wütend und findet seinen Zustand erniedrigend. Als er aus dem Zimmer rennt, stürzt er auf der Treppe und fällt. Abends beim Essen diskuttieren Herr und Frau Schröder (Åke Claesson & Naima Wifstrand) über Selbstmord als kriminellen Akt. Nach dem Essen treffen sie vor dem Haus auf Ingrid (Mai Zetterling), die als Hausangestellte bei den Schröders arbeitet. Bengts Tante Beatrice Schröder, bittet Bengt, die Orgel bei der Beerdigung ihres Vaters zu spielen. Bengt, der vor seinem Unfall ein begagbter Pianist war, willigt widerstrebend ein. Nach einigem Zögern, fühlt er die Tasten und spielt die Orgel während der Messe. Bengt verbringt nun viel Zeit mit dem Klavierspiel und dem Lesen von Blindenschrift. Tagsüber, während seiner Übungen, kommen er und Ingrid, die im Haus putzt, sich näher. Als Ingrid raus will um die Milch zu holen, begleitet Bengt sie. Draußen treffen sie auf den Pfarrer der Gemeinde (Olof Winnerstrand). Nachdem dieser Ingrid vorschlägt ihre Lesefähigkeiten zu verbessern in dem sie Bengt vorliest, hört Bengt nun des Abends Ingrid zu. Ingrid, die sich immer mehr zu Bengt hingezogen fühlt, wird von der älteren Haushälterin Lovisa (Hilda Borgström), vor dem Schlafengehen auf den Klassenunterschied zwischen ihr und Bengt aufmerksam gemacht. Währenddessen sitzt Bengt allein im Dunkeln und spielt die Mondscheinsonate von Beethoven auf dem Klavier. Ingrid, erfreut über diesen Klang, rezitiert ihre Lieblingsstelle aus dem Buch, welche sie Bengt vorlas, demnach alle Lebewesen, egal welchen Standes Zugang zum Paradies erhalten, das Wissen ist. Nächsten Morgen legt sie einen Brief dem Frühstück für Bengt bei, den sie in Blindenschrift geschrieben hat und sich in diesem für den schönen Abend bedankt. Ingrid begleitet Bengt, als dieser seine Bewerbung an einer Musikschule abgibt. Unter der Aufsicht von Frau Schröder übt Bengt nun täglich für seine Prüfung. Sie macht ihn auf die Art, wie sich Ingrid ihm gegenüber verhält, aufmerksam, was Bengt als albern abtut. Ingrid ist geschockt von dieser Unterhaltung. Bei der Aufnahmeprüfung zur Musikakademie wird Bengt bitter enttäuscht als er nicht aufgenommen wird. Von nun an will er auf eigenen Beinen stehen und arbeitet als Barpianist im Hotel Rizz, wo er eine kleine Wohnung erhält. Der jugendliche Evert (Rune Andréasson) steht ihm zwar als Hilfe zur Seite, nutzt ihn aber nur aus. Bei einem Duett mit dem Violinisten Klasson (Gunnar Björnstrand) kommen beide ins Gespräch. Bengt hört seine ehemalige Verlobte, die mit ihrem neuen Mann ins Lokal kommt, aber weitergehen als sie ihn sehen. Als Klasson sich Geld leihen will, merkt Bengt, dass er beklaut worden ist. Zurück in seiner Wohnung fällt er über Evert her, der ihn bestohlen hat, wird dabei aber von Everts Mutter Hjördis (Barbro Flodquist) aufgehalten, die Bengt der Lüge bezichtigt und ihn bei der Polizei anzeigen will. Abends bekommt er Besuch von Kruge (Douglas Håge), dem Hoteldirektor, der ihn eingestellt hat und merkt, dass er mit Evert unter einer Decke steckt aber er gegen die Behauptungen des Direktors machtlos ist. Bengt arbeitet nun als Klavierstimmer in einer Blindenschule. Als ihm der Musikdirektor Hedström (Sven Lindberg) vorschlägt, ein Examen als Kirchenorganist zu machen, lehnt Bengt dankend ab, da er sich nicht nach etwas höherem, nach Gott sehnt und außerdem nicht religiös ist. Er möchte einfach nur existieren und als Mensch wahrgenommen werden. Abends im Park trifft er auf Ingrid, die ihr Examen zur Lehrerin macht und sich dort mit zwei Freunden unterhält. Als ihre Freunde von dannen ziehen, unterhalten sich Bengt und Ingrid. Sie ist immer noch wütend, dass er sie damals als „kleines Dienstmädchen“ bezeichnet habe und das man immerzu auf sie herabsah. Bengt macht sie darauf aufmerksam, dass sie nun die soziale Leiter aufsteigt, während er absteigt und das es ihm leid tut und er immer noch an sie denken müsse. Sie gehen zu Bengt nach Hause. Als er Ingrid seine Liebe gestehen will, nimmt sie Abstand und verabschiedet sich. Ingrid geht heim zu ihrem Verlobten und Studienfreund Ebbe (Bengt Eklund), der sich sehr abfällig über Bengt äußert. In Bengts Nachbarzimmer hört er ein Wimmern und tröstet einen blinden Mann (John Elfström), der Angst davor hat, wie sich seine Blindheit auf die Beziehung zu seiner Frau auswirken wird. Bengt lädt Ingrid und ihren Verlobten zu sich nach Hause ein. Beim Klavierspiel kommen sich Bengt und Ingrid näher, was ihrem Verlobten sofort auffällt. Ebbe fordert Bengt zu einer Runde Armdrücken auf, die Bengt verliert. Ingrid ist mit Ebbe zum Studienball verabredet, geht aber vorher zu Bengt um ihn zu sehen. Er begleitet sie ein Stück und trifft sich dann mit Otto, dem Blinden Mann aus dem Nebenzimmer, der seine Frau vom Bahnhof abholen möchte. Als Otto zusammen mit seiner Frau geht ohne sich zu verabschieden, ist Bengt so verunsichert, dass er nach draußen rennt und auf die Bahngleise gerät. Während Bengt über die Gleise irrt, fühlt Ingrid beim Tanz mit Ebbe, dass etwas schlimmes passiert. Sie verlässt den Ball und findet Bengt auf einer Brücke wieder, kurz davor sich das Leben zu nehmen. Sie werden von Ebbe gestört, der Ingrid mit sich nehmen will. Als Bengt ihn daran hindert, wird er von Ebbe zu Boden geschlagen, wofür er sich bedankt, da er von ihm als vollwertiger Mensch behandelt wurde. Ebbe realisiert, dass Ingrid sich für Bengt entschieden hat. Trotz erster Widerstände gegen die Heirat können sie ihre Meinung bei dem Pfarrer durchsetzen. Bengt nimmt eine Stelle als Organist an und Ingrid macht weiter ihr Examen zur Lehrerin.

Nach ein paar Monaten Pause, hier nun wieder ein neuer Eintrag im Bergman Archiv, den ich zugegebenermaßen, auch lange vor mir hergeschoben habe. Die Synopsis ist hier länger als meine Rezeption. Denkt man, dass Ingmar Bergman, nach seinen zwei letzten Filmen (Skepp till Indialand & Det regnar), noch einen drauflegt, wird man hier wieder gebremst und eines besseren belehrt.

Dabei kann man Musik i mörker, eigentlich auch gar nicht böse sein, da es für Bergman, tatsächlich, in erster Linie ein Film zum Geldverdienen gewesen ist. Ganz frei nach dem John Ford Satz :"One for the studio, one for me." Der Film ist ein sehr gefälliges und gefühliges Melodram. Langweilig, vorhersehbar, uninteressant. Bergman bekam von Lorens Marmstedt, für den er auch die letzten 2 Filme drehte, das Angebot das Drehbuch, zusammen mit der Autorin Dagmar Edqvist zu schreiben. Seine zwei letzten Filme waren keine Publikumserfolge und so wollte man unbedingt einen Hit haben, der publikumswirksam ist. Mit Erfolg.
Wie in seinen letzten 2 Filmen, ist es auch hier ein Paar von zwei jungen Menschen, die sich lieben und sich durch den Wust der Außenwelt, gegen alle Umstände, behaupten müssen. Es fühlt sich auch hier an, als ob, gerade das Frühwerk nahezu auf den Monolith "Sommaren med Monika" zusteuert, in dem diese Konstellation, zerrissen, hinterfragt und auf den Kopf gestellt wird.
Musik i mörker ist jedenfalls konventionellstes Melodram. Charaktere in Schablonenform.
Die inneren Qualen von Bengt und das Selbstmitleid wird zwar ausschöpfend gezeigt aber nie zu Ende gedacht und nicht wirklich ernst genommen, da mit Ingrids Figur ein strahlendes Pathos nebenher geht, welches seine Figur leitet, was zudem einen lehrhaften Charakter besitzt, der jegliche Sozialkritik im Zuge erstickt. Bengts Konflikte werden nicht in der Figur gelöst, sondern vom Drehbuch zugeschnitten präsentiert.
All das, was die Charaktere, in späteren Filmen, grübeln und verzweifeln läßt, ist hier tatsächlich nur Show.
Auch Bengts Wandel von der Nichtakzeptanz zur Akzeptanz seiner Blindheit sowie die sozialen Unterschiede zwischen ihm und Ingrid sind Worte, die nur marginal von Interesse sind, da im großen Augenmerk des Films das gefühlige Melodram und die auf Affekt inszenierte Pein steht, welche besonders zum Ende hin unerträglich ist.
Manchmal wirkt Musik i mörker wie ein Bergman Film, der jeglichen Anflug von Bergman Themen im Nu zu Nichte macht.

Visuell gibt es am Anfang Szenen einer Vision von Bengt, die Bergman, leicht surrealistisch, an Bunuel angelehnt, inszeniert, aber wie ein Fremdkörper innerhalb des Films wirkt :



 Musik i mörker ist also insgesamt als redundant anzusehen. Innerhalb der Reihe, natürlich, dennoch von Interesse, einen so übermelodramatisierten Film zu sehen. Man muß natürlich auch sagen, dass Birger Malmsten, mit dem Bergman in dieser Zeit viel gedreht hat, schon sehr effektiv ist, in seiner Rolle und dass man hier auch, wie schon in den letzten Filmen, Bergmans Faible für alte vergnatterte Damen, mit großem Herzen, die immer genauestens Bescheid wissen, bewundern kann. Ein roter Faden, der sich tatsächlich auch durch sein Werk zieht, nicht nur bis zu "Sommarnattens leende".
Zudem ist dies, der erste Film mit dem großartigen Gunnar Björnstrand und Bergmans Faible für Cameo Auftritte, kann man hier auch, zum ersten Mal, bewundern :

4/10