Freitag, 20. Oktober 2017

Bergman Reihe : Till glädje (An die Freude) SE 1950


Der junge Violinist Stig Eriksson (Stig Olin) erhält während einer Orchesterprobe einen Anruf und eilt daraufhin schnell nach Hause. Bei der Explosion eines Petroleumkochers zu Hause ist seine Frau Marta (Maj-Britt Nilsson) schwer verletzt worden und auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben. Seine Tochter ist ebenso mit Verletzungen eingeliefert worden doch geht es ihr wohl gut. Stig bricht zusammen und auf einer Tafel wird der Rücklblick freigegeben. 7 Jahre zuvor. Stig und Marta sind die zwei Neuen im Orchester von Helsingborg, welches geleitet wird vom Dirigenten Sönderby (Victor Sjöström). Sie kennen sich schon von früher von der Akademie. Marta lädt Stig zu ihrer Geburtstagsparty ein und bittet ihn vorher zum Friseur zu gehen. Auf der Straße trifft Stig auf Marcel (Birger Malmsten), auch aus dem Orchester, der ihm erzählt, dass er und Marta früher etwas miteinander hatten. Abends geht er zu Martas Party und betrinkt sich. Er wird laut und gibt seine künstlerische Eitelkeit in betrunkenem Zustand preis. Marta kümmert sich um ihn. Der Herbst kommt und Stig und Marta verbringen viel Zeit miteinander. Sie verlieben sich. Marta möchte Familie und Stig ist dem zwar nicht abgeneigt, möchte aber an erster Stelle Karriere machen. Sie ziehen zusammen und wollen schon bald heiraten.  Orchesterleiter Sönderby soll ihr Trauzeuge sein. Als dieser den Termin vergessen hat, fällt Marta in Ohnmacht. Später erzählt Marta Stig, dass sie schwanger ist. Stig ist schockiert und will davon nichts wissen. Er versucht Marta zu erklären, dass er keine Kinder will und fühlt sich in seiner Arbeit als Künstler bedroht. Als Marta die Hochzeit absagen will und zu weinen anfängt, beschwichtigt Stig sie und lenkt ein. Stig und Marta heiraten mit Sönderby als Trauzeuge. Für Stig ergibt sich die Gelegenheit sein Können als Solist unter Beweis zu stellen. Doch während der Rundfunkaufnahme vermasselt er es. Die Zeitungskritik am nächsten Tag ist verherend doch kann Stig die Schuld daran nicht seinem egoistischen Selbst geben, er macht dafür seine Frau und Sönderby verantwortlich. Marta versucht ihn zu beruhigen und sagt, dass es zu weit immer einfacher ist. Doch Stig will von solchen Sentimentalitäten nichts wissen, wie er sagt und entgegnet, dass er immer allein sei und geht spazieren. Auf der Straße trifft er auf den Intelektuellen Mikael (John Ekman), der ihm auf Martas Party schon von seiner Frau Nelly (Margit Calqvist) erzählt hat. Stig geht zu ihm nach Hause. Eine kleine Wohnung, dreckig und lauter leere Flaschen liegen dort herum. Die junge Nelly findet Gefallen an Stig, doch er weißt sie ab, ist aber dennoch von ihrer Attraktivität beeindruckt. Draußen trifft er auf Marta. Sie entdeckt Lippenstift an seinem Hals und Stig erklärt, dass die seltsame Nelly ihn küssen wollte. Martas Wehen werden schlimmer und Stig bringt sie ins Krankenhaus. Zuvor sagt er ihr, dass es ihm nicht gut gehe. Bei der nächsten Orchesterprobe erhält Stig die Nachricht, dass Marta Zwillinge geboren hat. 3 Jahre später. Stig und Marta wohnen auf dem Land und erleben den Sommer mit Sönderby. Es ist eine recht idyllische Zeit. Bei einer Orchesterprobe erhält Stig Besuch von Nelly mit der er mittlerweile eine Affäre hat. Stig will nicht in der Öffentlichkeit mit Nelly gesehen werden. Sie gehen in Mikaels Wohnung, wo mittlerweile auch Marcel wohnt, der Nelly auch gerne für sich hätte. Stig kommt in der Nacht nach Hause und bittet Marta so schnell es geht wieder in die Stadt zu ziehen. Als Marta und Stig wieder in der Stadt wohnen ist ihre Beziehung von andauerndem Streit geprägt. Stig ist angewidert von der Rolle des Ehemanns und auch von seiner Frau. Des Nachts kommt es zur Auseinandersetzung bei der Stig auf Marta einschlägt. Marta zieht mit den Kindern zu ihrer Großmutter. Mikael hat einen Herzinfarkt erlitten, macht aber Nelly für seinen Zustand verantwortlich. Nelly erzählt von ihrer selbstzerstörerischen Beziehung zu Mikael und von ihrer Abhängigkeit zu ihm. Stig verläßt die Wohnung und sagt Mikael, dass er nie wiederkommen wird und dass nur Marta ihn retten kann.
Sie nehmen beide Briefkontakt zueinander auf und versuchen einen Neuanfang. Sie ziehen wieder zusammen. Als Marta mit den Kindern zur Großmutter fährt, passiert der tödliche Unfall. Stig eilt zurück zur Probe. Sönderby möchte ihn freistellen, doch Stig hält es für besser zu spielen. Nach einer kurzen Ansprache von Sönderby ziehen während des vierten Satzes der 9. Sinfonie von Beethoven  noch einmal Bilder der gemeinsamen Vergangenheit vor Stigs Augen vorüber, während sein Sohn ihm andächtig zu sieht und hört.

Seit langer Zeit gibt es hier mal wieder einen Blog Eintrag innerhalb unserer Bergman Reihe, die Andreas und ich vor 4,5 Jahren mit Törst  starteten.
Das diese Reihe mittlerweile so lange dauert, hat viele, vorwiegend private Gründe aber es ist auch so, dass dieser Blog auch nie darauf angelegt war ihn stetig mit Inhalten zu füllen. So viel in eigener Sache.

Es ist oft zu lesen, dass Ingmar Bergman hier, wie schon im vorherigen Törst seine zweite Ehe mit Ellen Lundström verarbeitete. Till glädje ist auch der erste von zwei Filmen, in denen Bergman Victor Sjöström besetzte, zu dem er auch privat eine freundschaftliche Beziehung hatte. Allerdings ist es vor allem die Rolle der Marta, gespielt von Maj-Britt Nilsson, die über viele nicht sehr gelungene Teile des Films hinweg hilft. Es ist auch ihre Rolle, die man im Gegensatz zu den anderen nicht als vage beschreiben könnte.
Bergman zeigt hier einen Künstler in seinem Narzissmus, seinem Ehrgeiz, seinem Egoismus und besonders in seiner Zerrissenheit. Stig ist ein Musiker, der meint, dass er zu etwas höheren streben müßte aber aus seiner Mittelmäßigkeit nicht herauskommt. Eigentlich ist er ein Popanz, ein jämmerlicher Waschlappen.
Die Unvereinbarkeit des narzistischen Künstlers und dem Familienleben könnte man hier auch als Szenen einer Ehe in "leicht" beschreiben.
Da gibt es dann auch durchaus starke Szenen, die einiges vorwegnehmen, wie zb. die nächtliche Aussprache zwischen Stig und Marta oder die Szene als Stig, während Marta zur Entbindung ins Krankenhaus muß, allein zu Hause ist :



Die Zerrissenheit von Stig wird auch in den Szenen bei Mikael deutlich. Einerseits sehnt er sich nach diesem "anderen Leben", gleichzeitig ist er aber auch angewidert von der Beziehung, die Mikael und Nelly führen. Die Komplexität der Psychologie späterer Bergman Filme, wird hier allerdings nur gestreift und der Film bewegt sich vorwiegend in den Bahnen eines letzlich belanglosen Melodramas.
Die Figur von Sjöström als Freund und Mentor ist ebenso vage und dubios wie die Figur des Cellisten, die Birger Malmsten spielt, dessen Funktion als Teil des "anderen Lebens" zwar gestreift aber nie wirklich ausformuliert wird. Im Vergleich dazu die Sehnsucht nach einem anderen Leben in Skepp till Indialand.
Dazu kommt eine recht holprige Dramaturgie und ein merkwürdiger Einsatz eines Off Komentars, dessen Funktion sich nicht wirklich erschließt.
Stig Olin, der bislang bei Bergman in Nebenrollen zu sehen war, wo er auch immer den Unsympathen gab, ist in der Hauptrolle als narzisstischer Egoist, der Angst vor der Bindung und vor dem Leben hat, eigentlich keine schlechte Besetzung. Doch der Film und das Drehbuch ist darauf angelegt, dass der Film eine gewisse Fallhöhe erreicht und den Zuschauer durch die Tragik der Ereignisse mitreißt. Was der Film aber nur zu einem Bruchteil schafft. Für ein Melodram ist Stig Olin eine Fehlbesetzung, da seine Figur keinerlei Sympathie in irgendeiner Art und Weise weckt. Bergmans Nahaufnahme des Narzissmus und Egoismus besonders im Zusammenspiel mit der wunderbaren Maj-Britt Nilsson läßt jedoch einiges an Szenen zu, die gelungen auf spätere Diskrepanzen zwischen Mann und Frau innerhalb des Werks verweisen.
Im Gegensatz zu Andreas würde ich Till glädje nicht als misslungen betrachten aber es ist ein Film, der ebenso zerrissen ist, wie seine Hauptfigur. Einer der starke Szenen entählt, aber in sich kein stimmiges Bild ergibt. Wo zuviel angerissen wird und zu wenig auf den Punkt inszeniert ist. Ein Film, der nicht ganz zusammenpassen will. Man spürt, dass hier mehr drin gewesen wäre.

5/10

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